In diesem – hoffentlich schmackhaften – ersten „Gang“ der „OE-Häppchen“, welche auch via LinkedIn geteilt werden/wurden, starten wir mit den Grundlagen der systemischen Organisations-Entwicklung (OE) und betrachten das zugrundeliegende Organisationsmodell, das Modell der Veränderung und die systemische Schleife. „En Guete“ beim lesen!
Organisationsmodell systemischer Organisationsentwicklung
Das Organisationsmodell der systemischen, sprich ganzheitlichen, Organisationsentwicklung umfasst mehrere Ebenen. In der vorliegenden Form wurde es von Walter Häfele und dem Management Center Vorarlberg entwickelt. Die Grundidee: Eine Organisation auf mehreren Ebenen / Kreisen zu betrachten um je nach Thema unterschiedlich anzugehen.
Der äusserste Kreis sind die sehr „handfesten“ Komponenten wie (Büro)Räume, Technische Infrastruktur wie Software, Finanzielle Komponenten und weitere technisch-wirtschaftliche Ressourcen. Anschliessend kommt die klassische Aufbau- und Ablauforganisation mit definierten Prozessen, Rollen und Strukturen.
Will man in diesen Kreisen, der Oberflächenstruktur, eine Veränderung herbeiführen, kann man diese einfach mit zum Beispiel einem entsprechenden Projekt „verändern“. Das Ergebnis ist in der Regel einfach plan-, darstell- und messbar und kann auch eher kurzfristig erfolgen.
Im tieferen Wesen der Organisation kommen die Kreise rund um Menschen und Führung, Kommunikation, Kultur und Werten. Zuinnerst geht es schliesslich um den Existenzgrund, den Purpose und damit auch um die innerste Identität und das Kerngeschäft.
Will man in diesen inneren, tiefen Kreisen, der sogenannten Tiefenstruktur, eine Veränderung bewirken, muss man sie mit viel Geduld über die Zeit entwickeln. Bis diese Kreise sich ändern, braucht es mehr als ein einfaches Projekt und ein paar Entscheide. Es ist ähnlich wie bei der Kindererziehung: Wir können unser Bestes geben, vorleben und hoffen, dass es gut kommt. Das Ergebnis davon ist aber bis zum Schluss offen.
Grundmodell für Veränderung in Organisationen
Die (systemische / ganzheitliche) Veränderung von Organisationen hat immer zwei Ebenen im Fokus: Die Sachlogische Ebene für die Veränderung an der Oberflächenstruktur (vergleiche letztes „Häppchen“ zum systemischen Organisationsmodell) und die Psychosoziale Ebene für die Entwicklung in der Tiefenstruktur.
Die sachlogische Ebene dreht sich um das, was wir meist direkt sehen: Organigramm, Prozesse, Technische Lösungen, Standort und Räume oder anderen Elementen der „Organisationsanatomie“.
Die psychosoziale Ebene befasst sich mit dem darunter und dahinter. Es geht um Menschen mit ihren Fähigkeiten, Werten, Haltung, Beziehungen, Normen und der Kultur. Es geht aber auch um Identität und den Purpose / Existenzgrund als gesamte Organisation.
Die allermeisten (je nach Studie ungefähr 75%) der tiefgreifenden Veränderungsprojekte scheitern, weil der Fokus zu sehr auf der sachlogischen Ebene liegt wie zum Beispiel: Wir lösen unsere Kommunikationsprobleme mit einer passenden Software, wir steigern das mangelhafte Commitment mit mehr Lohn oder Bonus und so weiter.
Die Essenz für einen erfolgreichen Wandel von heute zur Zukunft liegt darin, die zwei Ebenen möglichst gleichwertig zu betrachten und zu bearbeiten. So braucht es nicht nur den technischen Projektleiter, welcher sich auf die Funktionen und Budget konzentriert, sondern auch jemanden für das Change Management intern oder extern. Ideen zum wie und wo werden in den weiteren Häppchen sicherlich noch folgen.
Systemische Schleife
Mittels der systemischen Schleife werden in der Regel ganzheitliche Entwicklungsprozesse in Organisationen geplant und durchgeführt. Besonders, wenn sich Störungen in der Zusammenarbeit / Organisation zeigen, ist das Vorgehen besonders hilfreich. Mittels der vier einfachen, sich wiederholenden Schritte soll Loop für Loop Klarheit gewonnen und an der Lösung der Herausforderungen gearbeitet werden:
- Beobachten – Was zeigt sich mir? Was haben wir an sichtbaren Problemen / Herausforderungen?
Beispiel: Die Leute im frisch zusammengestellten Team sprechen sich nicht ab und arbeiten aneinander vorbei. - Hypothesen bilden – Woran könnte es möglicherweise liegen? Woher kommt das sich zeigende Problem?
Beispiel zur Beobachtung: Möglicherweise fehlt es am Vertrauen oder an der Kenntnis der Aufgabenverteilung und Rollen. - Interventionen planen – Mit was für Handlungen / Interventionen könnte an der Ursachen Behebung gearbeitet werden?
Beispiel zur Hypothese: Für das fehlende Vertrauen eine professionelle Teambildung planen und für die unklaren Rollen einen Workshop zur Rollenklärung organisieren. - Interventionen umsetzen – Die geplanten Interventionen mit den direkt betroffenen Personen und passenden Entscheidungsträgern durchführen
Beispiel zu den geplanten Interventionen: Einen Workshop mittels RACI für die zentralen Prozesse für eine eindeutige Rollenklärung und einen tägigen Teamanlass, wo sich das Team mit seinen Stärken und Grenzen besser kennen und einander zu vertrauen lernt.
Nach der Umsetzung gilt es das betroffene System (Team, Organisation) wieder zu beobachten und zu überprüfen, ob die Hypothesen und dazu gewählten Interventionen gepasst haben. Je nachdem wird dann mit passendem zeitlichem Abstand die nächste Schlaufe gestartet.
Quellen und Anmerkungen
Ziel der „OE-Häppchen“ ist eine kurze, schmackhafte, leicht verdauliche Form von Wissen rund um Organisations- und Teamentwicklung. Die Inhalte haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Weiterführende Informationen zu den Themen finden sich jeweils entweder in den Quellen oder können auch über das Kontaktformular gerne nachgefragt werden.
Quellenverzeichnis:
- Einführung in die systemische Organisationsberatung, Königswieser/Hillebrand, 10. Auflage, 2019, Carl-Auer Verlag
- OE-Prozesse initiieren und gestalten, Häfele, 3. Auflage, 2015, Haupt Verlag
- Wandel gestalten, Marti, 1. Auflage, 2020, Stefan Marti
- Change-Tools, Rohm, 7. Auflage, 2020, managerSeminare Verlags GmbH
- Zusammenarbeiten, Krogerus/Tschäppeler, 1. Auflage, 2022, Kein & Aber Verlag
- Machen, Krogerus/Tschäppeler, 5. Auflage, 2022, Kein & Aber Verlag
- Ein Praxisbuch für die Arbeit in und mit Teams, Gellert/Nowak, 5. Auflage, 2014, Limmer Verlag
Bilderverzeichnis:
- Beitragsgrafik: KI generiert mittels „AI ART“ durch D. Müller
- Abb. 1 – 3: Quelle bei Bild erwähnt